Kurzübersicht:
Wegen der COVID-19-Pandemie mussten sich die Studenten der Ohio State University (OSU) und vieler anderer Bildungseinrichtungen an Distanzlernen gewöhnen. Dies erwies sich auf vielen Gebieten wie Naturwissenschaften, Mathematik, Informatik, Statistik, Wirtschaft und in anderen Fachbereichen als besonders problematisch für Arbeiten, die normalerweise in Praktika durchgeführt werden.
Doch die OSU war dank des Ohio Supercomputer Centers (OSC) bestens auf den Wechsel zum Distanzlernen vorbereitet. Und darüber hinaus konnten noch anderen Universitäten Portale für virtuelle Praktika bereitgestellt werden. Das Center bietet Studenten diese virtuellen Computereinrichtungen als benutzerfreundliche webbasierte Schnittstelle in einem selbst entwickelten Tool mit der Bezeichnung OnDemand an. Die Studenten verwenden angepasste, vom OSC entwickelte Dashboards für den Zugriff auf digitale Labs in verschiedenen Fachbereichen wie Architektur, Statistik, Agrarwissenschaften und mehr. Wenn sich Studenten bei OSC OnDemand einloggen, erhalten sie Zugriff auf einen OSC-Supercomputer, der mit fortgeschrittenen Datenverarbeitungsfunktionen, die Benutzern bei ihren eigenen Computern üblicherweise nicht zur Verfügung stehen, umfangreiche Workloads bewältigt.
Herausforderung
Früher arbeitete die High-Performance-Computing-Community (HPC) mit einer Befehlszeilen-Schnittstelle, um Systembefehle einzugeben und Dateien oder Verzeichnisse zu durchsuchen und um Programme zu starten. Das Fehlen einer Webschnittstelle im Umgang mit HPC-Systemen nährte die Ansicht, dass die HPC-Arbeit in puncto Benutzerfreundlichkeit der Zeit hinterherhinkte.
Viele Studenten kennen nur webbasierte grafische Benutzeroberflächen (Graphical User Interface, GUI) und haben kein Interesse daran, ihre Zeit dafür zu opfern, sich mit Dateisystemen, Verzeichnissen und Befehlszeileneingaben vertraut zu machen. Wissenschaftler und Ingenieure verbringen ihre Zeit lieber damit, in ihrem Fach voranzukommen, statt den Umgang mit HPC zu erlernen. Die Entwicklung einer benutzerfreundlichen webbasierten Schnittstelle würde Hindernisse für den Einstieg abbauen, damit auch Studenten, kommerzielle Kunden und Forscher von Behörden Zugang zu Systemen des OSC-Supercomputer-Clusters haben.
Lösung
Alan Chalker, Ph.D., Director of OSC Strategic Programs, nennt als Ansporn für die Entwicklung von OSC OnDemand, dass für jede andere technische Einrichtung webbasierte Portale für Benutzer entwickelt wurden, damit die Endanwender ohne Schwierigkeiten mit der Computertechnik interagieren können.
OnDemand ist eine leicht zugängliche Web-Schnittstelle, über die jeder mit OSC-Zugang sich einloggen und einen der OSC-Supercomputer-Cluster nutzen kann. Dies ermöglicht es Studenten, Forschern oder kommerziellen Kunden, ihre anspruchsvollsten Anforderungen an die Datenverarbeitung und an Simulationen zu erfüllen.
Die neuartige Architektur von OnDemand sorgt dafür, dass die Anwender jeden modernen Webbrowser verwenden können und macht es möglich, die dem System eigene Sicherheitstechnik und Benutzerverwaltung zu nutzen.
Die OnDemand-HPC-Umgebung des OSC beinhaltet Cluster, die auf skalierbaren Intel® Xeon® Prozessoren basieren. Das neueste System des OSC ist der von Dell auf Basis von Intel® Xeon® Gold und Intel® Xeon® Platinum Prozessoren aufgebaute Cluster „Pitzer“. Dieser zwei Jahre alte Cluster mit Flüssigkeitskühlung wurde kürzlich mit fast 400 Knoten und 20.000 Kernen aufgerüstet, womit das System nun aus mehr als 650 Knoten und insgesamt fast 30.000 Kernen besteht.
Wenn sich Studierende und andere Nutzer bei OSC OnDemand einloggen, haben sie Zugriff auf einen Supercomputer, der mit fortgeschrittenen Datenverarbeitungsfunktionen, die Benutzern bei ihren eigenen Computern üblicherweise nicht zur Verfügung stehen, umfangreiche Workloads bewältigt. Mit einem OSC-Cluster zu arbeiten, verkürzt die Zeit für das Gewinnen von Erkenntnissen aus Datenanalysen und trägt dazu bei, die Kosten pro Terabyte während der Datenverarbeitung zu senken.
Das OSC erstellt auch eigene OnDemand-Virtual-Remote-Dashboards für die Lehrtätigkeit an anderen Universitäten. So stellte das OSC beispielsweise mit OnDemand virtuelle Praktikumsressourcen für Architekturstudenten der Kent State University bereit, damit sie mit Maya komplexe Zeichnungen entwerfen können. „Dies sind normalerweise Studenten, die HPC nicht nutzen würden, die es aber im Rahmen ihrer Kurse nutzen und so die Leistung von HPC und Supercomputern kennenlernen. Letztendlich werden diese Studenten ihre Erfahrung im Umgang mit Supercomputern in die Arbeitswelt mitnehmen und erkennen, wie wichtig der Zugang zu High-Performance-Computing ist“, sagt Chalker.
Außerdem richtete das OSC ein spezielles OnDemand-Portal für kommerzielle Kunden ein, das AweSim genannt wurde. Als einer der AweSim-Nutzer setzt NASCAR von TotalSim entwickelte Anwendungen ein, um Rennwagen-Simulationen durchzuführen. 1
Systemadministratoren stellt das OSC einen leicht installierbaren Web-Zugriff auf HPC-Ressourcen bereit. Die Tools umfassen Anwendungen für die Jobverwaltung und -überwachung sowie Grafik-Desktop-Umgebungen und Desktop-Anwendungen wie RStudio Server, Jupyter Notebook, Matlab, Abaqus/CAE und andere Tools.
Mit OnDemand können die Benutzer Dateien hochladen oder herunterladen, Jobs anlegen, bearbeiten, einstellen und überwachen, GUI-Anwendungen starten, Verbindungen über Secure Shell (SSH) herstellen und Anwendungen für die gemeinsame Nutzung starten. Es muss keine Client-Software installiert und konfiguriert werden.
Eine OnDemand-Instanz kann in anderen Supercomputer-Centern, Instituten oder Forschungszentren ohne Verbindung zu OSC-Supercomputern installiert werden. So nutzt etwa die University of Alabama in Birmingham OnDemand als einzige Schnittstelle zu all ihren Supercomputern.
Ergebnisse
Im Herbst 2019 begann die OSU mit der Integration eines Praktikums in ihren Statistik-Einführungskurs für Studenten mit Hauptfach Biowissenschaften, wobei RStudio über die OnDemand-Schnittstelle verwendet wird. Der Kurs fand letztes Jahr – vor der Pandemie – zwar nicht per Distanzlernen statt und die Studenten waren persönlich zum Praktikum erschienen, aber sie nutzten die OSC-Supercomputer-Ressourcen über OnDemand, um die gestellten Aufgaben zu erfüllen. Durch diese Erfahrung waren sie besser darauf vorbereitet, die virtuellen Ressourcen für das „Distanzpraktikum“ einzurichten.
Die OSU führt die RStudio-Praktika nun zum dritten Mal im webbasierten Distanz-Format durch. Die Möglichkeit, Studierenden „Distanzkurse“ anzubieten, ist während der COVID-19-Pandemie noch wichtiger, wenn sich die Studenten nicht in einem Kursraum der OSU befinden.
Das OSC richtete einen Workflow ein, der den Studierenden über das OnDemand-System den Zugriff auf den OSC-Owens-Cluster mit RStudio für ihren Statistikkurs ermöglicht. Das OSC reserviert vier bis acht Knoten des Clusters, die bis zu 200 Studierenden ermöglichen, ihre Statistikpraktika zu absolvieren. Dies spart Zeit und die Kosten für die Einrichtung und Wartung eines eigenen Computersystems für jeden Studenten im Kurs.
Architektur des OSC-Pitzer-Clusters
Das OSC richtete Workflows sowie die Schnittstelle für den Kurs ein und lud Links zu den Kursunterlagen, Hausaufgaben und den Informationen zu den Übungsaufgaben hoch. „Als Kursleiterin überarbeitete ich das Praktikumsmaterial, damit es in einer Webschnittstelle gut funktioniert“, erklärt Laura Kubatko, Statistikprofessorin an der OSU. „Die OSC-Mitarbeiter waren fantastisch, sie nahmen an der ersten Veranstaltung teil und halfen den Studierenden, alles einzurichten. Ich weiß, dass alle Studierenden während des Distanzkurses dieselbe Erfahrung machen, da sie alle das Gleiche sehen.“
„Die OnDemand-Distanzveranstaltungen sind bei den Studenten beliebt“, fährt Kubatko fort. „Ich habe vonseiten der Studierenden mehr Interesse an diesem webbasierten Format erlebt, als in den vergangenen fünfzehn Jahren, in denen ich diesen Kurs gehalten habe. Die OSU hat sich entschieden, den Kurs als Online-Praktikum fortzuführen, auch nachdem die Studenten wieder zum Campus zurückkehren.“
Die OSU will nun auch andere Praktika mithilfe von OnDemand als Distanzkurse anbieten. Laura Kubatko, die auch Co-Director des Mathematical Biosciences Institute der OSU ist, weist darauf hin, dass die OSU im Mai 2020 für Studenten eine Forschungsarbeit in topologischer Datenanalyse durchgeführt hat. Weil die Studierenden nicht in die OSU kommen konnten, um an einer Präsenzveranstaltung teilzunehmen, richtete das OSC Workflows ein, damit der Kurs über OnDemand abgehalten werden konnte. „Bei diesem Kurs nutzten die Studenten OnDemand, um mit der Software Matlab anspruchsvolle Berechnungen für eine groß angelegte topologische Datenanalyse durchzuführen. Einige Studenten hatten keinen Zugriff auf eine Matlab-Lizenz. Die OnDemand-Webschnittstelle war für sie daher die einzige Möglichkeit, am Kurs teilzunehmen“, so Kubatko.
Mit finanzieller Förderung durch die National Science Foundation (NSF) entwickelte das OSC auch eine Open-Source-Version mit der Bezeichnung Open OnDemand (OOD), die es Forschungseinrichtungen und Universitäten ermöglicht, ihre eigenen Instanzen von OnDemand zu betreiben. Darüber hinaus entwickelte das OSC mit der Bezeichnung AweSim OnDemand ein spezielles OnDemand-Portal für kommerzielle Kunden. In Zusammenarbeit mit Experten für Modellierung und Simulation (M&S) entwickelte das OSC AweSim with M&S-as-a-Service. Dieses Programm bietet kleinen bis mittleren Fertigungsunternehmen auf Simulationen basierende Designdienste zur Stärkung der Innovation und der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit.
Die neuartige Architektur von Open OnDemand sorgt dafür, dass die Nutzer jeden modernen Webbrowser verwenden können und baut auf die Sicherheit und Benutzerverwaltung des darunterliegenden Systems auf.
Durch Klicken auf bestimmte Links in Open OnDemand können die Benutzer Open XDMoD starten, um detaillierte Statistiken und Analysen zu Jobs und der Nutzung von Ressourcen zu erhalten.
OnDemand, Open OnDemand und AweSim OnDemand werden von einer Reihe weltweiter Institutionen eingesetzt. Im Jahr 2019 wurde OnDemand an 136 US-amerikanischen Standorten und 70 Standorten außerhalb der USA eingesetzt, darunter in bedeutenden Universitäten, nationalen Labors, Kliniken sowie der gewerblichen Industrie.
Alle Supercomputer des OSC basieren auf Intel Xeon Prozessoren, die für anspruchsvolle Aufgaben optimiert sind und hohe Leistung, hochentwickelte Zuverlässigkeit und Hardware-verstärkte Sicherheit bieten. Zur weiteren Ausstattung der Cluster gehören GPUs, Schnittstellen für die Rechnerkopplung, große Arbeitsspeicher-Knoten und gemeinsame Datenspeicher. Die OSC-Cluster-Architektur bewältigt anspruchsvollste Aufgaben der HPC-Modellierung und -Simulation.
Die jüngste Pitzer-Erweiterung beseitigt wesentliche Einschränkungen für den Umfang der Problemstellungen, die das System verkraftet. Sie wird dem OSC ermöglichen, Lösungen für einen deutlich größeren Bereich räumlicher und zeitlicher Turbulenzskalen zu liefern. Dazu gehören die Entwicklung von Methoden zur Reduzierung von Düsenlärm, die Bewertung von vertikalen Start- und Landelasten auf Flugzeugträgern sowie Phänomene, die beim Hyperschallflug auftreten. Das System bietet der gesamten Benutzergemeinschaft nun zusätzlich benötigte Computerressourcen wie Prozessoren, GPUs und Arbeitsspeicher.
Zusammenfassung
Wegen der COVID-19-Pandemie nutzen Studierende der OSU und vieler anderer Einrichtungen Angebote für Distanzlernen. Dies ist besonders dann schwierig, wenn Studenten Praktika in Form von Distanzkursen absolvieren sollen. Das Ohio Supercomputer Center entwickelte eine benutzerfreundliche webbasierte Schnittstelle bzw. Benutzeroberfläche mit der Bezeichnung OnDemand, die von den Studierenden in Fachbereichen wie Architektur, Mathematik, Agrarwissenschaften und weiteren bei Praktika für den Fernzugriff verwendet wird. OnDemand läuft auf OSC-HPC-Systemen und bietet Studierenden Zugang zur Leistung eines Supercomputers. Außerdem entwickelte das OSC angepasste OnDemand-Virtual-Remote-Dashboards für Kurse an anderen Universitäten sowie für Unternehmen über ihr AweSim-OnDemand-Portal.
OnDemand kann von Workstations, PCs, Laptops und sogar Smartphones und Tablets aus gestartet werden, um die enorme Leistung von HPC verfügbar zu machen. „OnDemand senkt die Einstiegshürden für Forscher, Wissenschaftler, Studenten und Dozenten, wodurch mehr Menschen HPC einfacher und vielseitiger nutzen können“, sagt Alan Chalker.
Daten der OSC-OnDemand-Cluster – Pitzer-Cluster:
- 658 Serverknoten Dell EMC PowerEdge
- Intel® Xeon® Platinum Prozessoren 8268
- Intel® Xeon® Gold Prozessoren 6148
Owens-Cluster:
- 824 Serverknoten Dell EMC PowerEdge
- Intel® Xeon® Prozessoren E5-2680 v4